Auszeit im The Chedi Andermatt

Schon 9 Jahre steht es fertig da. Es war echt an der Zeit, dass ich mir das nun ansehe.

Lange war Andermatt ja nicht wirklich so der Nabel der Welt. Man fuhr halt einfach dran vorbei, wenn man stautechnisch lieber die über-den-Gotthard-Route wählte. Ein bescheidenes Dorf im Schatten des Gemsstock-Nordhangs. Bei der Durchfahrt zur Kenntnis genommen wie Hospental. Dann kam Samih Sawiris. Und dann wurde gebaut. Und das wird es noch immer. Der Nabel der Welt ist Andermatt zwar noch immer nicht, aber man kennt es. Man schätzt es. Das Herzstück des ganzen Projekts, das The Chedi Andermatt, ist schliesslich schon seit bald 10 Jahren offen. Und wer da war, schwärmt davon.

Wellness & Spa

Nun war ich also endlich auch im The Chedi. Zusammen mit meiner Freundin Steffi Hidber, die auf ihrer Website Hey Pretty über alles Schöne schreibt. Schönes fürs Gesicht, für die Haut, für den Körper. Und für die Seele. All dies gerne auch in Form von Spa-Aufenthalten in allen Farben und Formen. Sie kennt sie alle. Und wie das Spa im The Chedi ist, kann man hier nachlesen. Sie war da ganz tief drin.

Während sich Steffi einer Behandlung unterzog, besiedelte ich den Pool und dampfte mich durch den schönen Hydrotherapie-Bereich. Da wo das Wasser 38 Grad warm ist. Und das Kaltwasserbecken nebenan. Ich betrachtete es ehrfürchtig von weitem und watschelte schliesslich in den kuschligen Finken wieder rüber zum Pool, dem Herzen des dreistöckigen Wellnesstempels. Mit seinen 35 Metern gar der längste Indoor-Hotelpool der Schweiz. Gleich neben dem Outdoor-12 Meter-Warmwasserbecken. Da lässt es sich eine Weile verweilen. Als ich ausgebadet hatte, liess ich mich dann in der tibetischen Relaxation Lounge nieder.

Das Chedi scheint mir das Haus der Superlativen zu sein. Die Zigarrenkollektion in der Cigar Library ist die grösste eines Hotels weltweit, die Gault Millau-Punkte in den Restaurants kratzen am oberen Bereich, das 180 kilometerlange Pistennetz rundherum ist das längste der Zentralschweiz, der Weinkeller trumpft mit einer beeindruckenden Château Mouton Rothschild-Kollektion von 1945 – 2009 (die Weinliebhabern die Tränen in die Augen treibt). Der fünf Meter hohe hauseigene Käsehumidor, mit über 40 überwiegend lokalen Käsesorten, wurde gar von einem deutschen Rapper in einem Song berappt. Der mit Swarovski-Steinen ausgestattete Kronleuchter bei der Récéption ist viele Meter lang und drei Tonnen schwer. Eine der Suiten, Furka heisst sie, wurde von einem Komitee in Frankreich zur schönsten Suite weltweit gekürt – 330 m2 gross mit drei Schlafzimmern und eigenem Spa. Es regnet rundherum Spitzenplatzierungen und um noch eins draufzusetzen, zeichne ich hier auch gleich noch die kuschligsten Bademäntel aus, in warmem Braun gehalten. Passend zum ganzen eher dunklen Intérieur mit vielen Elementen die an Tempel erinnern. Die asiatische Kultur ist hier sehr präsent und geht Hand in Hand mit kuschligem Chalet-Schick.

Die Bar, ja auch die wurde ausgezeichnet. Und das bereits zum vierten Mal mit dem Swiss Bar Award. An unserem ersten Abend durften wir bei einem Cocktailtasting in die Karte schnuppern und eine Handvoll Drinks kosten. Wir tranken uns neugierig und tapfer durch die vier Elemente: Luft, Wasser, Feuer und Erde.

123 Zimmer zählt das The Chedi Andermatt. Und selbst das kleinste Zimmer ist nicht klein. Alles hier ist grosszügig gehalten, edel und schick. Die Badezimmer sind mit Aqua di Parma-Produkten ausgestattet, die Badetücher voluminös und weich, die Betten superbequem. Das Holz im Zimmer aus Rottannen der Region, der Stein aus einem Tessinertal. Viel Regionalität. Und doch weltoffen und mondän. Gewiss ein Ort wo man sich wohlfühlen kann. Man könnte sich gut vorstellen länger zu bleiben.

Das Hotel hat auffallend viele Lounges im ganzen Haus verteilt, was ich persönlich toll finde. Mit weichen Sofas, dezentem Licht, Kaminen, Büchern. Viele kleine Sitzecken für seriöse Businessgespräche, für ein Päuschen mit Tee und gutem Buch, fürs Süssholzraspeln mit dem Lover schön im Séparée, für angeregte Gespräche mit der besten Freundin am Freundinnenweekend, für Kartenspiele mit der Reisegruppe. Im Zimmer, in der Lobby, im Restaurant, an der Bar, am Pool, im Raum vor der Zigarrenlounge.. überall kleine, feine Rückzugsorte.

Bei der Ankunft gibts erstmal eine Auswahl an kleinen Schokoladentäfelchen. Dazu einen Tee. Beides köstlich und ein erster Vorgeschmack von dem, was uns im Anschluss erwartete. In den Restaurants mit 15 und 17 Gault Millau-Punkten wird man auf hohem europäischen sowie auch asiatischem Niveau verwöhnt. Beides geht elegant nebenher. Ein erster Blick auf die Menükarte verrät, wie mühelos alles harmoniert. Da folgen dem Andermatter Plättli mit lokalen Wurstspezialitäten und Käse aus dem Tal die vietnamesischen Reispapierröllchen mit grünem Papayasalat, als hätten sie schon immer zusammen auf eine Karte gehört.

Kulinarik

Das Essen ist wirklich aussergewöhnlich gut. Es ist hier schlicht unmöglich die Mahlzeiten nur so nebenher zu essen, währenddem man sich zum Beispiel mit seinem Gegenüber unterhält. Mit jedem Bissen unterbricht man das das aktuelle Gespräch zwar ungewollt aber augenblicklich mit einem „aaaaaaaah… das ist soooo gut“. Würkli wahr! Jede/r Ernährungsberater:in hätte hier seine/ihre helle Freude, weil man hier tatsächlich mit allen Sinnen und ganz in Ruhe und aufs Essen fokussiert isst. Denn es geht nicht anders. Von mir gibts hier zwei Hand voll Sterne.

Die chedische Küche wäre für mich Grund genug um auch einfach nur mal zum Essen hier hochzufahren. Am besten den ganzen Tag. Erst Frühstück, dann in der Lobby zu Mittag essen und schliesslich am Abend herrlich speisen. Im Restaurant. Oder am Chef’s Table. Zwischen der asiatischen und der europäischen Küche, wo man zugucken kann, wie diese fantastischen Menüs entstehen.

Sport in Andermatt

Auch wenn man ganz gut auch einfach im Hotel rumfläzen könnte, so gibt es hier auch allerlei Möglichkeiten sich körperlich zu betätigen. Das Hotel hat einen Fitnessbereich, ja. Doch draussen wartet die wilde Natur. Wandern, Biken, Golfen, Snowboarden und natürlich Skifahren. Die SkiArena Andermatt-Sedrun umfasst mehrere Skigebiete. Und wer im The Chedi nächtigt, hat es hier besonders komfortabel. Keine kalten Skiräume mit nassen Böden und durcheinandergewürfeltem Skiequipment. Hier kümmert sich der Skibutler um alles. DER SKIBUTLER! An der schicken Skirécéption leiht man Skier aus (oder gibt seine ab), hier werden die Schuhe getrocknet, Equipment zur Verfügung gestellt, Skilehrer und Skischulen gebucht und um das Prozedere noch angenehmer zu gestalten, trägt man die Skier nur gerade wenige Meter über die Strasse und fährt dann mit dem magic carpet (!) zur Gondel. Da würde sogar ich eventuell in Erwägung ziehen wieder auf die Skier zu steigen (und mich nachher beim Skibutler ausheulen, weil ich es bereue – aber das ist eine andere Geschichte).

Das Dorf

Nun besteht Andermatt nicht nur aus dem The Chedi und den aktuell entstehenden Luxus-Ferienwohnungen rundherum. Andermatt, zarte 1447 Meter über Meer gelegen, ist ein Ort der von Unwissenden (zu welchen ich bis vor wenigen Tagen gehörte) gehörig unterschätzt wird. Nach einem zweistündigen Spaziergang mit dem weit gereisten, mehrsprachigen Dorfführer und Vollblutandermatter Bänz Simmen, sieht man Andermatt mit komplett anderen Augen. Er haucht dem nicht sehr lebendigen Ort mit seinen Geschichten und historischen Verstrickungen und Familiensagen soviel Leben und Charme ein, dass man am Ende völlig verzaubert ist.

Im Gegensatz zu anderen Top Spots wie St. Moritz, Gstaad oder Zermatt, hat Andermatt den Vorteil des grundsätzlich kurzen Anfahrtsweges. Gut gelegen war der Ort schon vor vielen hunderten von Jahren als Durchgangstor aller, die von Nord nach Süd oder von Süd nach Nord zogen. Die schlauen, geschäftigen Ansässigen schlugen daraus nicht selten Kapital. Goethe war es dann, der die Intellektuellen und Reichen nach Andermatt holte.

Obschon in Goethes Epoche das Reisen noch mit grossen körperlichen Anstrengungen verbunden war, besuchte er die Schweiz dreimal. Seine Reisen dokumentierte er in seinen Schriften. „Mir ist’s unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste“, schrieb er über Andermatt. Und sie kamen in ihren Kutschen in Strömen. Die Grand Hotels schossen aus den Andermatter Böden, die Belle Epoque (die Bänz Simmen Super Epoque nennt) wurde eingeläutet und einmal mehr wussten die schlauen und geschäftstüchtigen Ansässigen Kapital daraus zu schlagen. Ich stelle mir gerne vor, wie sie in ersten Versuchen Wellnessprogramme anzubieten, die reichen Damen mit Käserinde und Kieselsteinen einrieben und ihnen Jugend und Schönheit versprachen.

Mit dem Bau des Gotthardtunnels kamen viele Italiener in die Gegend. Mit im Gepäck Pasta. Da jedoch keine Tomaten für den Sugo zu finden waren, arbeitete man mit dem was da war. Kartoffeln, Rahm, Zwiebeln und Käse. Die Älpler Magronen waren geboren.

Und wer sich fragt, warum mitten im kleinen Andermatt eine verhältnismässig viel zu grosse und pompöse Kirche thront: Eine klassische Machtdemonstration der katholischen Kirche. Viel Protz, allerlei Details zum Angeben, aber dann doch, wo immer möglich, viel Geld gespart. Da ist ein Baumstamm in der marmoresk gepflasterten Säule. Oder die ein Tick grösser gemalte Orgel. Eine eindrückliche Kirche, gebaut von einem Einheimischen. Denn all die tollen Dinge machten natürlich Einheimische. Oder, wie in Andermatte genannt, Lochonige. Experten die man kommen liess und dann kurzerhand und ohne Müh einbürgerte, damit man sie später als Andermatter betiteln konnte. Die imposante Kirche? Ah, die hat ein Andermatter gebaut.

Andermatt, ein Handelsort mit einem zähen Volk. Ein Ort, der schliesslich, als Vorbereitung zum 1. Weltkrieg, zum Armeeort wurde. Die Armee prägte das Bild viele Jahre. Bis sie in den 90ern zu grossen Teilen wieder abzog und das Dorf und seine Bewohner einmal mehr wieder etwas ratlos zurückliess.

Andermatt verändert sich ständig, erfindet sich immer wieder neu und ist gerade wieder dabei das zu tun.


Info

The Chedi Andermatt

Gotthardstrasse 4  

CH-6490 Andermatt

www.thechediandermatt.com


Kost und Logis wurden vom Hotel übernommen. Der Besuch erfolgte auf Einladung. Eventuell spürbare Begeisterung ist immer echt. Und der Wunsch da bald wieder essen zu gehen auch.