Auszeit im GuardaVal in Scuol
Ein idyllisches Dörfchen, Mineralquellen à gogo, zahlreiche Möglichkeiten um sich während aller Jahreszeiten aktiv zu beschäftigen und drei nah beieinander liegende Hotels, die Verantwortung für die Umwelt übernehmen.
Mitglieder im Verein Responsible Hotels of Switzerland sind Hotelbetriebe, die aktiv ökologisch und sozial nachhaltige Projekte umsetzen, was ich persönlich eine gute Sache finde! Interessant vorallem für Hotelgäste, die verantwortungsvoll reisen möchten.
So habe ich mir die Liste dieser Hotels angesehen, um in diesem Jahr ein paar dieser Hotels zu besuchen und dabei herauszufinden was konkret getan wird.
Meine erste Reise führte mich nach Scuol im Unterengadin. Ein 2000-Seelen Dorf auf knapp 1300 Metern. Ein idyllischer und ruhiger Ort, wo die Kinder bis zur 3. Klasse ausschliesslich romanisch lernen. Ab dann folgen die Fremdsprachen Deutsch, Französisch und Italienisch.
Durch die vielen Mineralquellen wurde Scuol als Badekurort berühmt. Die Quellen kann man bei Spaziergängen und Wanderungen aufsuchen.
Nebst dem Mineralwasserbad Bogn Engiadina im Zentrum von Scuol mit grossem Wellnessbereich, findet man im ganzen Dorf Brunnen. Teils mit zwei Hähnen, einer mit normalem Quellwasser, einer mit Mineralwasser. Zu trinken gibts hier also genug.
Auf dem Hausberg Motta Naluns kann man im Sommer biken, wandern und gleitschirmfliegen. Oder man begibt sich auf eine der vielen Mineralquellenwanderungen oder river raftet auf dem Inn. Im Winter lässt es sich auf rund 80 Pistenkilometern wintersporteln. Und im Tal, am Inn entlang, können Langläuferinnen und Langläufer kilometerlang ihrer Leidenschaft frönen.
In den Instagram Story Highlights gibt es unter SCUOL zu dieser kleinen Reise ein paar Impressionen mehr.
Scuol ist bequem mit dem Zug erreichbar. Von Landquart her tuckert die Rhätische Bahn durch hübsches Gebiet, das vorallem im verschneiten Look bezaubernd ist. Der Bahnhof Scuol-Tarasp ist der östlichst gelegenste Bahnhof der Schweiz, und liegt in Gehdistanz der drei Hotels, die ich weiter unten gleich näher vorstelle, und die alle auf ihre Weise ganz anders sind.
Auf Wunsch wird man vom Hotel am Bahnhof auch abgeholt. Mit Koffern und Skizeug sicher auch angenehmer.
Hotel GuardaVal
Es sind drei Hotels die zusammengehören und durch eine Passarelle miteinander verbunden sind (schnellen Schrittes in 5 Minuten von A nach B). Ich habe im Boutiquehotel GuardaVal genächtigt, ein 400 Jahre altes Engadinerhaus im oberen Dorfkern mit 36 individuell gestalteten Zimmern und gemütlichen Ecken zum Lesen, sowie Apfelkörben und Teestationen und einem fantastischen 15 Gault Millau-Restaurant mit authentischer, alpiner und äusserst kreativer Küche. Egal für welches Hotel ihr euch letztlich entscheidet, ein Besuch im Gourmetrestaurant des GuardaVal darf nicht fehlen, ich lege euch das wärmstens ans Herz. „Paschium art culinarica“ – Leidenschaft für die alpine Kochkunst, so das Konzept. Und mit viel Paschium und Freude habe ich mich durch die halbe Karte gegessen.
Das Frühstücksbuffet ist liebevoll bestückt mit lokalen Köstlichkeiten und grandiosen, selbstgemachten Konfitüren (die Bitterorangen-Confi ist der Wahnsinn!), stattlichem Engadiner Butterblock, frisch gepressten Säften und sorgfältig kuratiertem Trockenfleisch und Käse aus der Region. Kein übertrieben grosses Überangebot, aber dennoch alles da, was man morgens braucht (inklusive meinem geliebten wachsweichen Frühstücksei, das perfekt wachsweich war).
Auch kulturell fördert das Hotel die lokale Szene. So hängen im ganzen Haus Kunstwerke einheimischer Künstler oder Kunst mit regionalem Bezug. Zudem werden Vernissagen, Ausstellungen, Vorträge, Weindegustationen, Käseabende oder auch Lesungen veranstaltet. Hier steppt der kulturelle Bär.
Das Hotel bietet ausserdem regelmässig mehrtägige Pauschalangebote, inklusive Dinner und Spabehandlungen.
Alle drei Hotels haben, was mich nicht verwundert, eine grosse Anzahl Stammgäste. Das spürte ich auch während meines Aufenthalts, als ich immer wieder in den Stories über den Aufenthalt postete. Viele meiner Freunde meldeten sich darauf, sie sind hier Stammgäste – was ich nicht wusste.
Überhaupt werden die Hotels vorwiegend und wiederkehrend von Gästen aus der Schweiz besucht, so dass hier auch die Coronaphase sehr gut überstanden wurde.
Hotel Belvedere
Das Grand Hotel in der Runde. 4-Sterne Superior. Traditionelles Flair aus der Jahrhundertwende vermischt sich hier mit zeitgenössischem Design. Die Zimmer des Hotels Belvedere sind teils sehr grosszügig und – mit separatem Schlafraum für die Kinder, auch für Familien geeignet, so steht hier auch alles zur Verfügung, was man für Kinder so braucht.
Ein schöner Ort um sich aufzuhalten ist die grosse Sonnenterrasse – überhaupt wird Scuol mit viel Sonne verwöhnt. Aber auch die grosse, schicke Bar (manchmal mit Livemusik) mit grossen Fenstern und tollem Bergpanorama sowie die Wine Lounge sind schöne Orte zum Verweilen.
Die Küche ist hier tendenziell eher französisch-elegant angehaucht – jedoch stets mit Produkten aus der Region.
Im Untergeschoss befinden sich ausserdem einen Kinderbereich, der jetzt schon viel bietet, auch mit Garten und Trampolin & Co., der aber noch erweitert wird. Die Kinderlein werden betreut, man geht zum Beispiel zusammen Kräuter sammeln und macht damit Kräutersalz oder schaut am Abend gemeinsam einen Film, während die Eltern mal kurz einfach Paar sind.
Ausserdem gibts hier einen Billard- und einen PingPong-Tisch sowie einen Töggelikasten. Was auch für die Eltern läss ist. Auch wenn sie nur unter sich sind.
Und wer auf Spa und Wellness steht, kann sich im Spa Vita Nova austoben. Hier wird unter anderem auch mit lokalen Produkten behandelt.
Hotel Belvair
Das Badehotel. Drei Sterne. Das Hotel Belvair liegt direkt oberhalb des Bogn Engiadina, des Mineralbades und ist auch direkt mit ihm verbunden. Scuol wurde wegen seiner Mineralquellen schon vor 100 Jahren zum weltbekannten Kurort. Schriftsteller, Dichter und Adlige machten hier ihre Trinkkuren und badeten sich durch die verschiedenen Mineralquellen.
Im Bogn Engiadina gibt es sechs Aussen- und Innenbecken, versehen mit Massagedüsen, Whirlpool, Kalt- und Warmwassergrotten, Dampfbad, Sauna, Strömungskanal und Solebad. Was man als Bad halt so anbietet. Online kann man immer checken, wie die Auslastung aktuell ist – so dass man den Besuch so wählen kann, dass es für sich passt. Da haben wir ja alle so unsere eigenen Präferenzen. Tendenziell ist es tagsüber ruhiger als abends.
Mittendrin befindet sich in einem separaten Bereich auch das römisch-irische Bad. Dieses wird separat gebucht und man verweilt allein oder im Zweiergrüppchen rund zwei Stunden da drin. Schön getimt legt man sich in temperaturunterschiedliche Saunen, darf sich dann auf eine 12-minütige Massage nach Wahl freuen (klassische Seifen-Bürstenmassage, Honig-Peeling oder erfrischende Aloe Vera Massage) um dann nach Dampfbädern und erfrischenden Kurzduschen in Mineralbädern zu sprudeln, zu entspannen und dann im Kaltbad einen Schlusspunkt zu setzen. Genaugenommen geht es temperaturtechnisch in kleinen Schritten im Trockenen, im Dampf und im Wasser langsam hoch und nach dem Peak dann langsam, Stück für Stück, wieder runter. Am Ende der irisch-römischen Tour gibts Tee und Bodylotion, worauf man anschliessend im Ruheraum auf einer Liege wie ein Bebe in ein warmes Tuch eingewickelt wird. Pucken für Grosse.
Das Bad mit allem drum und dran liegt mittendrin im Dorfzentrum. Wo eben auch das Hotel Belvair steht.
Dieses ist neu renoviert, hell, gemütlich und mit tollem Aufenthaltsraum ausgestattet. Mit Sesseln und Sofa und Töggelikasten und Schach und vielen Büchern und Spielen und grossen Fenstern. Aber wer lieber draussen ist, legt sich auf die Sonnenterrasse mit Panoramablick.
Die Küche hier im Restaurant und Bistro hat, wie auch die anderen beiden Häuser, seine eigene Ausrichtung. Gegessen wird hier leicht und mediterran, das Motto lautet „il gust dal sud“. Aber auch im Belvair gilt die Regel, dass die Zutaten aus der Region stammen sollen.
Nachhaltigkeitsphilosophie
Schon lange bevor Nachhaltigkeit in aller Munde war, unterstützte die Besitzerfamilie diejenigen Gäste, die mit dem öffentlichen Verkehr anreisten insofern, dass wer hier nächtigt, kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel in der Region nutzen kann (hinzu kommt auch der kostenlose Zugang ins Bogn Engiadina, sowie der Skipass, der auch am An- und Abreisetag gültig ist).
Laufend werden ausserdem nachhaltige Konzepte in allen Bereichen entwickelt. Von Anti Food Waste- bis zu Energiesparmassnahmen. So soll der Passerelle entlang, welche sehr gut besonnt ist, auch bald eine Photovoltaikanlage entstehen, um die Sonnenenergie besser zu nutzen.
Die Nachhaltigkeitsphilosophie erstreckt sich auch über die Gerichte, die hier serviert werden. Es wird eine 100km-Regel angestrebt, so dass alle Lebensmittel aus der Region stammen und damit auch lokale Produzenten gefördert werden. Ich denke, das dies auch gut möglich sein sollte, es liegt ja auch an uns Gästen keine Lebensmittel zu verlangen, die offensichtlich lange Transportwege benötigen. Auch was die Saisonalität betrifft, können wir uns anpassen. Was wir hoffentlich auch in unserem Alltag nach Möglichkeit tun.
Ich hatte bei meinem Aufenthalt die Möglichkeit einige Lieferanten zu besuchen.
Ludwig Hatecke, der Inhaber der edlen Hatecke-Metzgerei, die auch in Zürich an bester Adresse einen Laden betreibt, zeigte mir hier in seinem Hauptsitz in Scuol, welcher von seinem Urgrossvater gebaut wurde, mit wieviel Sorgfalt seine Engadiner Trockenfleisch-Spezialitäten seit Generationen produziert werden. Auch gibt es in seinen Metzgereien keine grossen Fleischhaufen. Wie auch seine Produkte es sind, nicht zu übersalzen, ist hier alles puristisch gehalten, auch das Ambiente.
Am Frühstückstisch und auf den Hotelmenükarten werden seine Produkte angeboten. Sowie auch die verschiedenen Käsesorten von Che Chaschöl (übersetzt „so ein Käse!“) aus Tschlin. Peter Mair, den Käser, habe ich auf meiner Tour ebenfalls kennengelernt. Mit viel Begeisterung erzählte er von der Käseherstellung und seiner kleinen Käserei, die er zusammen mit seiner Frau betreibt. Speziell gefreut habe ich mich über die anschliessende Degustation. Einfach alle Käsesorten – er konzentriert sich auf Schafs- und Ziegenkäse – waren umwerfend. Joghurt macht er auch. Davon habe ich ein paar nach Hause genommen und finde es gerade sehr schade, dass man die hier in meiner Umgebung nicht kaufen kann. In manchen Feinkostläden rund um den Zürichsee soll es aber eine Auswahl seiner Käsesorten geben. Da war dieser eine Ziegenhartkäse mit parmesanartiger Konsistenz, den werde ich hier mal suchen.
Unser Weg führte uns auch zu Andi Brechbühl, ursprünglich aus Bern. Er ist mit seiner Familie nach Tschlin gezogen, sammelt jeden Sommer kiloweise Moschus-Schafgarbe und brennt daraus den Kräuterlikör Iva (den hier viele auch so bisschen für sich brennen). Der Kräuterlikör ist in der Gegend seit Jahrhunderten auch als Heilmittel gegen Magenverstimmungen verbreitet, geriet im Laufe der Zeit aber in Vergessenheit, bis ihn Einheimische wieder aus der Versenkung holten. Brechbühl hat in seiner kleinen Manufaktur den Iva vor einigen Jahren professionell aufgezogen, kreiert daraus auch Drinkrezepte wie den Engiadina Mule oder Iva Sour und beliefert kleine Läden und Hotelbars. So auch die der Belvedere/Belvair-GuardaVal-Gruppe.
Punkto soziale Verantwortung bemühen sich die Hotels um langfristige Anstellungen, bieten vielen Lernenden in verschiedenen Berufen eine Ausbildung und investieren in schönen Wohnraum für die Arbeitskräfte, damit sich die Mitarbeitenden wohl fühlen.
Das Hotel kompensiert zudem jedes Jahr viele Tonnen CO2 und investiert in Klimaschutzprojekte. Vom EnAW, einer Energie-Agentur der Wirtschaft, die sich für Energie- und Ressourceneffizienz einsetzt, wurde das GuardaVal mit einem Preis ausgezeichnet.
In der Pipeline sind nun noch spezielle Säcke, die die Gäste dazu animieren sollen, recycelbare Abfälle vom Rest zu trennen. Bald verschwinden auch die Badelatschen aus den Hotelzimmern, in der Hoffnung, dass die Gäste ihre eigenen mitbringen. Wer keinen Badeschuh dabei hat (FlipFlops gehören bei mir zum Standardgepäck), kann welche an der Reception beziehen. Ganz allgemein werden immer wieder Überlegungen angestellt, wie man auch die Gäste sensibilisieren und in einen achtsamen Umgang mit den Ressourcen miteinbeziehen kann.
Mein Fazit
Tolle Philosophie, spürbare Motivation und die Bemühung sich stets im Bereich Nachhaltigkeit zu verbessern, schöne, liebevoll geführte Häuser, gemütliches Ambiente und ein hoher Standard an Gastfreundschaft. Ich fühlte mich rundum wohl. Ich war als Kind das letzte Mal in Scuol und werde irgendwann wiederkommen. Nicht zum baden, das ist ganz allgemein nicht so meins, das machen andere lieber als ich, aber zum wandern, spazieren, die Ruhe zu geniessen, zu lesen, einfach zu sein und – darauf freue ich mich – wieder so fantastisch im GuardaVal zu essen.
Für die Recherche dieses Berichts wurden Kost und Logis vom Hotel GuardaVal in Scuol übernommen. Vielen Dank dafür.